Rear Kapelle
Rear KapelleDie Saisonswanderung der Kinder ist manchen älteren Menschen – nicht nur im Montafon – von mündlichen Überlieferungen als düsteres Bild der Landesgeschichte in Erinnerung. Vom 17. bis ins 19. Jahrhundert mussten sich viele Kinder im Alter von 10 bis 16 Jahren als Arbeitskräfte im Schwabenland verdingen. Auch aus dem Paznaun zogen Kinder den Sommer über in das Schwabenland. Der mühsame Weg dorthin führte für sie zuerst über das Zeinisjoch und dann durch das Montafon. Bis zum Zeinisjoch wurden die Kinder von ihren Vätern oder Müttern begleitet, ehe sie dort von fremden Personen übernommen wurden. Diese führten sie weiter bis nach Tettnang oder Ravensburg, wo sie auf Märkten den Bauern übergeben wurden. Als Gegenleistung für Unterkunft, Essen und einen geringen Lohn arbeiteten die Kinder dann den Sommer über auf den Höfen im Schwabenland. Der Name der Kapelle soll an den wohl tränenreichen Abschied der Paznauner Schwabenkinder von ihren Eltern erinnern. Die Fremdarbeit gehörte im Montafon nicht nur für Kinder zum Alltag. Auch für die Erwachsenen war es über Jahrhunderte Brauch gewesen, in die deutsche Nachbarschaft, in die Schweiz und vor allem nach Frankreich zur Saisonsarbeit zu gehen, um dort den bescheidenen land- bzw. alpwirtschaftlichen Erwerb aufbessern zu können. Die Arbeit im Baugewerbe war dabei die wichtigste Beschäftigung der Männer. Manche gingen auch als Sensenhändler oder Krautschneider in die Fremde. Die Krautschneider entwickelten dabei sogar eine Art Zunftgesinnung, indem sich einzelne ihr räumliches Arbeitsgebiet sicherten. Zahlreiche Frauen zogen auch zur Heuernte ins Engadin aus, was im Zusammenhang mit den Einwanderungslinien der Walser – ausgehend vom Rhonetal – zu sehen ist. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Zielgebiete der Heuerinnen ihren Ursprungsgebieten im Engadin entsprachen. Audiodateip017_1_Rearkapelle.MP3 |