Saisonarbeiter
Mit
dem Erlöschen des Bergbaus in nachmittelalterlicher Zeit mussten die Montafoner
neue wirtschaftliche Überlebensstrategien anwenden. Der knappe Boden und das
alpine Klima ließen nur eine beschränkte Form der Landwirtschaft zu.
Charakteristisch für das Tal ist, dass man seit Jahrhunderten bemüht war, jeden
Flecken der Vegetation auszunützen; es entstand so die sogenannte „Dreistufenwirtschaft“
mit dem Heimgut im Tal, den Maisäßsiedlungen auf einer Höhe von etwa 1400-1600
Metern und den Alpen, die je nach Vegetationssituation in den Sommermonaten
genutzt wurden. Die noch erhaltenen Maisäße, wie etwa Plazadels und Wachters
Dieja im Gauertal (Tschagguns), Montiel oder Gweil in St. Gallenkirch sowie
Valschaviel oder Tafamunt in Gaschurn, sind beredtes Zeugnis einer einst
blühenden Landwirtschaft und stellen einen wertvollen kulturhistorischen Aspekt
des Tales dar, den es zu erhalten gilt. Energiewirtschaft und Fremdenverkehr
haben im 20. Jahrhundert sukzessive die Landwirtschaft zurückgedrängt, so dass
sie heute nur mehr eine marginale Rolle spielt. Die Knappheit der Böden sowie die im Tal vorherrschende Realteilung des Besitzes ließen keine für die früher üblichen Großfamilien rentable Landwirtschaft zu. Deshalb suchten die überhaupt sehr reiselustigen Montafoner über Jahrhunderte in der Fremde nach Arbeit, wo sie als Saisonarbeiter über den Sommer verschiedenen Tätigkeiten nachgingen. Männer, Frauen und sogar die Kinder („Schwabenkinder“) waren als Bauhandwerker, Sensenhändler, Viehhirten, Ährenleserinnen und vieles andere vor allem in der Donaumonarchie, in Deutschland und in Frankreich tätig. Der eigentliche „Exportschlager“ waren aber die Montafoner Krautschneider (Krauthobler), die mit kleinen und großen (bis zu sechsmessrigen) Hobeln ihrer Tätigkeit nachgingen. Im Montafon entstanden noch im 19. Jahrhundert mehrere Krauthobelfabriken, die nach ganz Europa und darüber hinaus lieferten. Quelle: Text Dr Andreas Rudigier (2002), Sprecher Hubert Franz (2003) Audiodatei16_Saisonarbeiter.mp3 |