Bergbaugeschichte
Emil Scheibenstock schreibt 1996 über die Bergwerkstätigkeit im Montafon, Andreas Rudigier hat dazu folgenden Text zusammengefasst: Die Geschichte des Bergbaus im Montafon reicht wahrscheinlich bis in prähistorische Zeiten zurück. Die im Jahr 2000 entdeckte bronzezeitliche Siedlung in Bartholomäberg-Friega dürfte jedenfalls in Zusammenhang mit einem vorgeschichtlichen Kupfererzbergbau zu sehen sein. Das Churrätische Reichsurbar – ein Einkünfteverzeichnis des Bistums Chur – aus der Zeit um 843 gibt den ältesten bekannten Hinweis auf die Existenz eines Bergbaues im Montafon. Die Quelle nennt einen eigenen Eisenbezirk „ministerium ferraires“, der zweifellos in das Gebiet zwischen Bürs, Arlberg und Montafon zu lokalisieren ist. Schon damals dürften der Kristberg, das Silbertal und der Bartholomäberg einen wichtigen Mittelpunkt des Erzabbaues auf dem Gebiet des späteren Vorarlberg gebildet haben. Es ist anzunehmen, dass man bald nach dem Eisenerzabbau auf reiche Silberadern stieß, die dann eine lebhafte Epoche des Bergbaues einleiteten. So berichtet eine Urkunde aus dem Jahre 1319 von einem Silberbergwerk. In ihr ist zu lesen, dass der deutsche König Friedrich der Schöne, aus dem Hause Habsburg, seinem Oheim Albrecht von Werdenberg (Bludenz) unter anderem erlaubte, sein Reichslehen „argentifodina seu mons dictus muntafune“, zu deutsch „die Silbergruben oder der Berg genannt Muntafune“, seinem Bruder, dem Grafen Hugo zu vermachen. Dass diese Grube Reichslehen war, unterstreicht wohl ihre Bedeutung. In dieser Urkunde wird „Montafon“ eindeutig als die Bezeichnung eines Berges (des späteren Bartholomäberg) verstanden. Um diese Zeit aber wählten die Bewohner den Patron der Bergleute und der Gerber, den hl. Bartholomäus, zum Schutzheiligen der Kirche und Gemeinde, und das Dorf hieß nun St. Bartholomäberg. Der abgewanderte Name Montafon (vielleicht so viel wie „Grubenberg“ bedeutend) galt fortan für die ganze Talschaft. 1355 berichtet eine Vertragsurkunde über Besitzteilungen von „Silberern“ und „Walsern“, jener Volksgruppe, die am Beginn des 14. Jahrhunderts vor allem in hohen Lagen Vorarlbergs siedelte und genauso wie die Silberer besondere Rechte und Freiheiten genossen. Sie besaßen ein eigenes Gericht unter einem Bergrichter (Schultheiß), der im späten Mittelalter in Schruns residierte (im Gebäude des heutigen Montafoner Heimatmuseums). So lesen wir etwa von einem Heinrich Putsch, der zwischen 1491 und 1496 die Funktion des Bergrichters im Montafon ausübte. Während die Bergrichter die niedere Gerichtsbarkeit ausübten, stand die hohe Gerichtsbarkeit dem Grafen beziehungsweise seinem Vogte zu. Die kaiserlichen Bergwerksordnungen (aus den Jahren 1520, 1522 und 1524) regelten die Befugnisse der Bergrichter, die Einteilung der Bergwerke in „hohe“ und „niedere“ (nach ihrer Lage), die Arbeitszeiten, die Verwaltung des Holzes für den Bergwerksbetrieb, die Einrichtung von Lehmgruben zur Verhüttung des Erzes u. v. m. 1448 wurden unter Erzherzog Sigismund die berühmt gewordenen Silbergruben am Falkenstein in Schwaz eröffnet. Dies führte auch im Montafon zu vermehrter Bergbautätigkeit. Dabei wurde auch Kontakt mit den Schwazern gehalten. Die Entdeckung ergiebiger Silberadern am Kristberg leitete am Ausgang des Mittelalters eine letzte Blütezeit für den Bergbau im Montafon ein. In Bartholomäberg wurde jetzt auch Kupfer gewonnen, wie aus der Erwähnung einer „Kupferleite“ aus dem Jahre 1473 deutlich wird. Es gab aber auch Krisen zu bewältigen: 1499 beteiligten sich etwa in der Schlacht bei Frastanz – hervorgerufen durch die Absicht der Habsburger, in die Schweizer Stammlande vorzurücken – zahlreiche Bergknappen aus Schwaz und aus dem Montafon. Nach der Überlieferung fanden bei diesem Gemetzel auch rund 1000 Bergknappen den Tod. Diese gingen dann als „stählerner Haufen“ in die Geschichte ein. Für die Montafoner Bergwerksbetriebe war der Tod so vieler Knappen ein großer Verlust. Im Laufe des 16. Jahrhunderts musste der Bergbau im Montafon immer mehr mit Krisen kämpfen: Manche waren hausgemacht, wie der aufgrund des ungleichen rechtlichen und wirtschaftlichen Niveaus immer stärker zutage tretende Streit zwischen den Knappen und den Einheimischen oder die Religionsstreitigkeiten, die Mitte des 16. Jahrhunderts unter den Knappen ausgebrochen waren; zum anderen bereiteten aber vor allem die Entdeckung Amerikas und der Import von großen Mengen Silber und Kupfer nach Europa (mit dem anschließenden Preisverfall) dem Bergbau im Tale ein Ende, welches sich im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (im frühen 17. Jahrhundert) vollziehen sollte. An Wiederbelebungsversuchen mangelte es in den folgenden Jahrhunderten nicht, allein der Erfolg blieb jedesmal aus: So gab es zwischen 1730 und 1760 mehrere Schürfversuche, die sich auf das ganze Montafon erstreckten, aber trotz aller Bemühungen, erfolgversprechende Funde großzügig zu honorieren, blieben solche aus. Zuletzt gab es in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts Unternehmungen, den Bergwerkbetrieb wieder zu eröffnen: Eduard Hundertpfund und Anton Neumann, letzter lebender Montafoner Bergknappe, drangen zwar 176 Meter weit in den Berg vor, ohne aber verarbeitungswürdiges Erz zu finden. Ein massiver Stolleneinbruch sowie letztlich auch der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ließen den Bergbau im Montafon für immer (!?) erlöschen. AudiodateiP11-1 Die Bergbaugeschichte.mp3 |