Profilschnitt nördliche Kalkalpen
Sie stehen nun auf dem Aussichtspunkt „Ganzaläta“ auf einer Seehöhe von 1607 m. Nehmen Sie auf der Holzbank platz. Unter Ihnen liegt die Ortschaft Dalaas im Klostertal. Vor Ihnen liegt die steile felsige Nordflanke des Klostertales. Wenn sie ein PDA zur Hand haben, betrachten sie als Orientierungshilfe zusätzlich das Photo mit den eingezeichneten Gesteinsschichten. Am Horizont sehen Sie eine massive Felswand mit ausgedehnten Schutthalden am Wandfuß. Dies ist die Fensterlewand. Rechts davon Richtung Osten fällt die Saladinaspitze (2238 m) als ausgeprägtes Felsenhorn auf. Weiter im Osten sieht man im Hintergrund die Gipfel Böngertlekopf und Pfaffeneck. Der flache Gratrücken weiter ostwärts ist der Gehrengrat mit der Gamsbodenspitze. Der tief eingefurchte Bach im Westen wird Hölltobel genannt. Die Tobeleinschnitte weiter östlich heißen Falltobel, Sandtobel und Rothtobel. Noch weiter östlich liegt das wiederum tiefer eingeschnittene Muttentobel. Diese felsdurchsetzte Talflanke bietet einen idealen Profilschnitt durch die Schichtabfolge der Nördlichen Kalkalpen. Beginnen wir zuoberst bei der Fensterlewand und besprechen die Abfolge der Schichten entgegen ihrer chronologischen Bildungsgeschichte von oben nach unten, d.h. von den jüngeren zu den älteren Gesteinen. Die Fensterlewand ist durch Rhätkalke und Gesteine der Kössener Schichten aufgebaut. Darunter folgt der Hauptdolomit, der auch den Gipfel der Saladinaspitze aufbaut. Der Hauptdolomit besteht aus grau bis bräunlichem Dolomitstein mit unterschiedlich starken Bitumengehalt. Beim Auseinanderschlagen riecht er deshalb bituminös. Talwärts anschließend fallen im Bereich des Hölltobels gelblich-bräunliche Gesteinsschichten auf. Dabei handelt es sich um eine Gesteinsfolge aus Sandsteinen, Kalksteinen, Rauhwacken, Gipsen und Tonmergel der Raibler Schichten. Bekannt sind die Raibler Schichten vor allem aufgrund der Gipslager, die unter anderem in St. Anton im Montafon und im Rellstal anstehen. Unter den Raibler Schichten folgen die Arlbergschichten mit massig gebankten Kalk- und Dolomitsteinen und dazwischen geschalteten Tonsteinlagen und Rauhwacken sowie Hornsteinen. Sie können einen Gesamtmächtigkeit von bis zu 370 m erreichen. Die Gesteine der Arlbergschichten wurden in einem flachen Meer abgelagert, das sich langsam absenkte. Darunter schließen die Partnachschichten an. Für diese Formation sind die griffelig brechenden, braun-schwarzen Tonschiefer und Mergel charakteristisch. Die Partnachschichten wirken wasserstauend, verwittern leicht und bilden fruchtbare Böden. Auf die Partnachschichten folgt nach unten der Alpine Muschelkalk. Diese Formation enthält eine bis 160 m mächtige gut geschichtete Abfolge von Karbonaten. Nach oben hin werden die Kalke dunkler und enthalten häufig dunkelbraune bis schwarze Hornsteinknollen, die früher in manchen Regionen der Alpen als Zundersteine zum Feuermachen dienten. Darunter kommen die durch die Rotfärbung auffallende Gesteinsfolge des Alpinen Veruccano-Buntsandsteins vor. Diese Formation bildet die Basis der Nördlichen Kalkalpen und fusst auf dem Kristallinsockel des Silvrettakristallins. Dieser vor Ihnen liegende Profilschnitt durch die Nördlichen Kalkalpen umfasst einen Ablagerungszeitraum von 180 Millionen Jahren.
Bertle, H. (1979): Führer für den Geologischen Lehrwanderweg Bartholomäberg. Veröffentlichungen des Heimatschutzvereines Montafon 1. Heimatschutzverein Montafon. Schruns. Wolkersdorfer, Christian (2005): Geologische Verhältnisse des Montafons und angrenzender Gebiete. In: Rollinger, J.M. & Rollinger, R. (Hrsg). Montafon 1 Mensch – Geschichte – Naturraum. Die lebensweltlichen Grundlagen. Stand Montafon. Schruns. AudiodateiP08-2 Profilschnitt Noerdliche Kalkalpen.mp3 |